Mit viel Erwartungen im Herzen bestieg ich am vergangenen Dienstag in Zürich das Flugzeug, das mich zunächst nach Frankfurt brachte. Hier traf ich mich erst mit Apostel Camenzind und einige Stunden später waren wir mit der Ankunft von Bischof Alganza vollzählig. Darauf gab es die letzten Abstimmungen für die bevorstehende Reise, bevor wir uns zur Nachtruhe begaben.
Vom Hotel gingen wir am nächsten Tag rechtzeitig zum Flughafen. In der Vorfreude auf das Kommende bestiegen wir das Flugzeug, das uns nach elfstündigem Flug nach Holguín auf Cuba brachte. Die Ortszeit zeigte 15.20 Uhr, zuhause war es bereits 21.20 Uhr. Den Flug nutzten wir zu weiteren Gesprächen.
Die Einreise nach Cuba gestaltete sich diesmal ohne Schwierigkeiten, schon bald waren Personen und Gepäck vollzählig und vollständig wieder zusammen. Wir nutzen jeweils die Reise, um Unterrichtsmaterial, Kleider und Medikamente im höchstmöglich zulässigen Gewicht mitzunehmen. Vor der Weiterreise mit dem Taxi mussten wir uns auf den Preis einigen. Die nächste Herausforderung war, das Gepäck zu verstauen. Nach etlichen Versuchen, alles im Auto zu platzieren, quetschten wir uns schliesslich erfolgreich zusammen mit dem Gepäck ins Auto. Jetzt konnte die zweieinhalbstündige Reise losgehen. Immer wieder staunte ich, wie der Taxifahrer geschickt und erfolgreich den Schlaglöchern und Verwerfungen der Strasse auswich. Durchgeschüttelt erreichten wir Santiago de Cuba. Inzwischen war es bereits Nacht geworden. Eine Reise bei Nacht ist aufgrund des Strassenzustandes sehr gefährlich. Endlich, nach drei Jahren Unterbruch bin ich wieder da – einfach überaus glücklich und erleichtert, dass alles so gut funktioniert hat. Noch am selben Abend fand die erste Begegnung mit Amtsträgern statt. Gegen 22 Uhr Ortszeit machte sich die Zeitverschiebung mit Macht bemerkbar.
Programmgemäss war am Donnerstag die Begegnung mit Regierungsvertretern vorgesehen. Ein solches Vorhaben unterliegt kubanischen Gesetzmässigkeiten, d.h. erst wenn die Unterredung stattgefunden hat, kann man mit Sicherheit sagen, dass es funktioniert hat. Auch dieses Mal wurde der Termin auf den kommenden Montag verlegt. Mit grosser Dankbarkeit erhielten wir hingegen die Bestätigung, dass nicht nur ich die Bewilligung zum Halten der Gottesdienste hatte, sondern auch der Apostel und der Bischof erhielten nun die Zusicherung, in vier von fünf Gottesdiensten mitdienen zu können. Am Abend fand eine weitere Besprechung über die organisatorische Zukunft der Gebietskirche Cuba statt. Es tut sich eine schöne Perspektive auf. Ständig können Fortschritte verzeichnet werden. Wenn man bedenkt, dass die Anfänge im Versteckten im Untergrund lagen, ist es heute möglich, von unserem Glauben und dem Werk Gottes in Cuba öffentlich Zeugnis zu geben und Menschen zu den Gottesdiensten einzuladen. Zum Beispiel wissen die Angestellten im Hotel Bescheid und haben alle eine Einladung erhalten. Der Bischof ist ein unermüdlicher Zeugnisbringer mit entsprechenden Auswirkungen.
Am Freitag trafen sich die Bezirksämter mit unserer Anwältin in unserer Kirche in Santiago de Cuba. Nach einigen geistigen Impulsen und der Ankündigung und Planung über das weitere Vorgehen zur rechtlichen Anerkennung, war es an der Zeit, die musikalische Entwicklung, die Vermittlung des Unterrichtsstoffes für die Kinder und die Weiterbildung für Amtsträger zu planen und die Umsetzung zu besprechen. Ich bin begeistert, mit wieviel Enthusiasmus die Anwesenden alles Angebotene wie ein Schwamm aufsaugen. Der letzte Teil galt der Verteilung des Materials, das wir in unseren Koffern mitgenommen hatten: Medikamente, Unterrichtsmaterial, Kopierpapier, Schul- und Büromaterial. Auch weisse Hemden, schwarze Hosen und Gürtel für die Amtsträger sowie Flöten für die Kinder zum Erlernen des Instrumentes gehören dazu. Hinzu kommen Aufnahmen von gesungenen und gespielten Liedern zum Einüben in den Gemeinden. In Cuba mangelt es an Vielem. So sind die Freude und Dankbarkeit über das Mitgebrachte wirklich sehr gross. Nun können alle diese Dinge in den Gemeinden weitergegeben werden.
Am Samstag findet die Fortsetzung der Amtsträgerausbildung statt. Während der Bischof über die Seelsorge spricht, setzen sich Apostel Camenzind und ich mit der Anwältin zusammen, um die künftigen Statuten zu einem vorläufigen Endstand zu bringen, damit sie dem Stammapostel zur Genehmigung vorgelegt werden können. Danach werden wir sie offiziell bei den staatlichen Behörden einreichen. Der Nachmittag gehört den Bezirksämtern. Jeder erhält Zeit, um über seinen Bezirk, die Sorgen und Freuden zu sprechen und Impulse unsererseits zu erhalten. Es sind wunderschöne Stunden, in denen ich einen vertieften Einblick in unsere Kirche in Cuba erhalte. Ich kann die Brüder und Geschwister nur dafür bewundern, was sie alles tun und wie sie den Glauben leben. Einmal mehr gilt das Sprichwort: Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteilte Freude ist doppelte Freude. Ich muss gestehen, am Abend bin ich völlig geschafft, aber unendlich glücklich.
Es ist Sonntag. Während zu Hause bereits zu Mittag gegessen wird, machen wir uns auf zum Gottesdienst in unserer Kirche in Santiago de Cuba. Ich bin innerlich sehr bewegt im Bewusstsein, dass es mir hier vor nunmehr drei Jahren nicht gestattet war, Gottesdienst zu halten. Nun besteht dieses Hindernis nicht mehr und so dürfen der Apostel, der Bischof und ich gemeinsam den Geschwistern dienen und miteinander Gottesdienst erleben. Unsere Emotionen sind auch die Emotionen der Geschwister. Das Eingangslied zu erleben ist unbeschreiblich. Sie alle sind gekommen: Unsere alte Schwester, die über eine Stunde Fussweg zurückgelegt hat, um am Gottesdienst teilzunehmen (übrigens macht sie das jeden Sonntag allein, seit ihr Mann vor einem Jahr verstorben ist), ein Gast aus dem Hotel, den unser Bischof unter vielen weiteren eingeladen hat, ein Bruder, der seit langer Abwesenheit hier ist, die vielen treuen Glaubensgeschwister, alle, Jung und Alt. Es ist ein Gnadenwunder Gottes, wenn man sich die Geschichte unserer Kirche in Cuba vergegenwärtigt.
Mit grosser Bewegung erleben wir auch das Heilige Abendmahl für die Entschlafenen. Die Gefühle können gar nicht zu Papier gebracht werden.
Die Fotos können die Herzlichkeit in der Verabschiedung nur im Ansatz wiedergeben.
Eine kurze Ruhepause ist uns vergönnt, bevor wir die Reise nach El Cristo unter die Räder nehmen. Wenn ich wieder zu Hause bin, werde ich über die nun folgenden vier Gottesdienste berichten können. Hasta la proxima, hasta pronto!